Patientenfälle werden digital zur Verfügung gestellt und von Studierenden zwischen den einzelnen Seminarterminen bearbeitet. Dieses freiwillige Angebot schafft eine zusätzliche Möglichkeit zum Üben und Nachvollziehen von „Clinical Reasoning“ für Medizinstudierende im sechsten Studienjahr.
Metadaten
- Lehrende: Harendza, Sigrid/Vogel, Daniela/Gärtner, Julia
- CC-Lizenz: CC-BY (Bearbeitung erlaubt unter Namensnennung)
- Zitiervorschlag:
Harendza, Sigrid/Vogel, Daniela/Gärtner, Julia (2020): Virtuelle Patientenfälle als zusätzliches Übungsangebot für klinische Entscheidungsfindungsprozesse. Hamburg: StoryPool. URL:
Maßnahme
In einem Blended-Learning-Format als freiwilliges Zusatzangebot werden mithilfe von virtuellen Patientenfällen die im Seminar erlernten Kompetenzen zwischen den Kursterminen selbstständig angewendet und eingeübt. Der Moodle-Kurs wird beim ersten gemeinsamen Präsenztermin vorgestellt, wodurch gleich zu Beginn des Semesters Rückfragen ermöglicht werden. Nach jedem Seminartermin gibt es konkrete Aufgaben, wie mit welchen elektronischen Fällen zu arbeiten ist. Nur die Studierenden, die die Fälle bis zum nächsten Präsenztermin bearbeitet haben, erhalten ein Feedback zu ihren Bearbeitungen.
Weitere Details:
Papier-Patientenfälle werden in ein elektronisches Format adaptiert. Die virtuellen Fälle werden für die Studierenden über die Moodle-Plattform des UKE („Mephisto“) bereitgestellt. Zusätzlich wird die Software „CASUS“ in den Online-Kurs eingebunden.
Das hier beschriebene, ergänzende Blended-Learning-Angebot ist freiwillig und setzt auf intrinsische Motivation der Studierenden.
Hinweis: 2020 wurde das Konzept in einen rein digitalen Selbstlernkurs umgewandelt. Außerdem wurde in einem durch die Joachim Herz Stiftung geförderten Assessment Center, das pandemiebedingt digital durchgeführt werden muss, eine zusätzliche Clinical-Reasoning-Übungsmöglichkeit geschaffen. Hier können die PJ-Studierenden in einer telemedizinischen Sprechstunde mit Schauspielpatientinnen und -patienten arbeiten und anschließend in einer neu eingerichteten elektronischen Patientinnen- oder Patientenakte ihre Anamnesen dokumentieren, weitere Diagnostik anfordern und die Patientinnen und Patienten anschließend in einem elektronischen Übergabegespräch vorstellen. Die Studierenden erlebten dies als nützliche Lernerfahrung der verschiedenen Clinical-Reasoning-Aspekte. Weitere Details zur Umsetzung s.u. angehängtes PDF (mit dem Stichwort "Assessment").
Verbindung zum klassischen Lehrformat:
- Vorlesung
- Seminar
- Übung
- Projekt
- Praktikum
- Prüfung
- Selbststudium
- Vorkurs
- Sonstiges
Mit dieser Maßnahme werden primär gefördert:
- Rezeptive Aktivitäten (Lesen, Anschauen, Zuhören)
- Übende Aktivitäten (Ausprobieren, Routinebildung etc.)
- Produktive Aktivitäten (Schaffung eigener Inhalte)
- Organisatorische Aktivitäten (Koordination, Vernetzung etc.)
Rolle von digitalen Medien:
- Keine nennenswerte Rolle (bspw. primär Präsenzlehre)
- Eine gewisse bzw. mäßige Rolle (bspw. hybrides Lehrformat)
- Eine zentrale Rolle (bspw. Online-Lehre)
Beziehung zur Forschung:
- Forschung fließt als Inhalt ein (Studierende können sich zu Ergebnissen und/oder Prozessen des Forschens kundig machen)
- Forschung ist das Ziel der Lehrmaßnahme (Studierende üben das Hand- und Denkwerkzeug für eigene Forschungsaktivitäten ein)
- Forschung ist der Modus der Lehrmaßnahme (Studierende werden selbst forschend tätig)
- Die Lehrmaßnahme dient dazu, die Voraussetzung für forschungsnahes Lernen zu schaffen.
- Sonstige
- Keine
Verortung im didaktischen Dreieck:
- Inhalte für die Studierenden auswählen, anordnen, darstellen, erklären, (digital) aufbereiten, interaktiv machen etc.
- Studierende methodisch darin unterstützen, sich Inhalte (allein oder in der Gruppe) anzueignen, zu verstehen, anzuwenden, weiterzuentwickeln, selbst zu generieren etc.
- Als Lehrende*r mit den Studierenden in Kontakt kommen und in Interaktion treten (Feedback, Kommunikation etc.)
- Die Lehrorganisation verändern, die für die Beziehung zwischen Inhalten, Studierenden und mir als Lehrende*r von Bedeutung ist
Grund
Für Studierende im sechsten Studienjahr des Medizinstudiums gibt es innerhalb des Kurses für „Clinical Reasoning“ nicht genügend Übungsmöglichkeiten, um sich alle Teilkompetenzen der klinischen Entscheidungsfindung ausreichend anzueignen. Beim Clinical Reasoning handelt es sich um eine essenzielle ärztliche Kompetenz, die im Alltag einen wesentlichen Stellenwert in der Diagnosefindung hat.
Grund für die Entwicklung:
- Akutes Defizit bzw. akuter Konflikt
- Bestehendes bzw. strukturelles Problem
- Vorweggenommene Herausforderung
- Persönliches professionelles Anliegen
- Impuls aus meinem Umfeld
- Sonstiges
Kontext
Im sechsten Studienjahr des Medizinstudiums, dem Praktischen Jahr, steht für die Studierenden das Üben klinischer Denk- und Entscheidungsprozesse im Fokus. Der beschriebene Kurs besteht aus 8 Doppelstunden und findet im Tertial Innere Medizin des Praktischen Jahrs statt. Dieser Kurs wird als Seminarveranstaltung dreimal im Jahr angeboten.
Diese Maßnahme wurde mit Mitteln des BMBF unter dem Förderkennzeichen 01PL17033 im Rahmen des Lehrlabors (Universitätskolleg, Universität Hamburg) entwickelt.
Projekttitel: "Clinical Reasoning - ein Blended-Learning-Seminar für Studierende im Praktischen Jahr"
Förderzeitraum: 01.04.2018–31.03.2019
Projekttitel: "Clinical Reasoning – Blended Learning im Assessment Center für PJ-Studierende"
Förderzeitraum: 01.03.2020–31.10.2020
Meine Maßnahme ist entstanden und hat sich bewährt an einer:
- Universität
- Fachhochschule
- Dualen Hochschule
- Pädagogischen Hochschule
- Sonstiges
Meine Maßnahme ist in folgender Disziplin (oder mehreren) zu verorten:
- Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften
- Ingenieurwissenschaften
- Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
- Geisteswissenschaften
- Lehrerbildung
- Rechtswissenschaften
- Kunst, Design-Wissenschaften
- Medizin (inkl. Gesundheitswissenschaften)
- Interdisziplinäre Bereiche
- Sonstiges
Primäre Zielgruppe meiner Maßnahme:
- Studieninteressierte
- Studienanfänger*innen
- Fortgeschrittene Studierende im Bachelor (oder 1. Studienabschnitt)
- Studierende am Ende des Bachelorstudiums (oder 1. Studienabschnitts)
- Studierende im Masterstudium (oder 2. Studienabschnitt)
- Doktoranden oder Postdocs
Kräfte
Das bisherige Kurskonzept für Clinical Reasoning ermöglicht zu wenig eigenständige Übungen. Auch wenn das Seminar in Bezug auf die Lernfortschritte in der Vergangenheit gut evaluiert wurde, werden die Lernziele in Bezug auf diese ärztlichen Schlüsselkompetenzen nicht in allen Bereichen erreicht.
Widersprüchliche Anforderungen, die bei der Maßnahme eine Rolle spielen:
- Selbst- und Fremdorganisation
- Lernen durch Zuhören/Lesen/Zusehen und Lernen durch eigenes Tun
- Analoge und digitale Erfahrungswelten
- Individuelles und soziales Lernen
- Fachliche und überfachliche Kompetenzentwicklung
- Exemplarische und vollständige Lerninhalte
- Fachsystematische und lernsystematische Vorgehensweisen
- Sonstige
- Keine
Wirkungen
- Das Angebot wurde nach Adaptionen eines Pilotdurchlaufs gut von den Studierenden angenommen.
- Von den Studierenden, die das Angebot wahrgenommen haben, gab es sehr positive Rückmeldungen hinsichtlich ihres Lernzuwachses aufgrund der Übungsmöglichkeiten und neu gewonnene Erkenntnisse in Bezug auf Prozesse des klinischen Denkens und Entscheidens.
- Die Anschaulichkeit durch den Einsatz von realen praktischen Fällen und deren Vertiefung durch das Blended-Learning-Angebot wurde von den Studierenden sehr geschätzt.
- Für die Lehrenden waren die inhaltlichen Rückmeldungen in Bezug auf die angebotenen Fälle sehr interessant. Sie ermöglichten es, die Selbststudienfälle weiter zu verbessern und anzupassen.
Weiterführende Informationen
Literatur
Harendza, S., Krenz, I., Klinge, A., Wendt, U., Janneck, M. (2017). Implementation of a Clinical Reasoning Course in the Internal Medicine trimester of the final year of undergraduate medical training and its effect on students' case presentation and differential diagnostic skills. GMS Journal for Medical Education, 34(5), Doc66. doi: 10.3205/zma001143.
Durning, S.J., Arino, A., Boulet, J., La Rochelle, J., Van der Vleuten, C., Arze, B., Schuwirth, L. (2012) The feasibility, reliability, and validity of a post-encounter form for evaluating clinical reasoning. Medical Teacher, 34(1), 30-37. doi: 10.3109/0142159X.2011.590557.
Prediger, S., Schick, K., Fincke, F., Fürstenberg, S., Oubaid, V., Kadmon, M., Berberat, P.O., Harendza, S. (2020) Validation of a competence-based assessment of medical students‘ performance in the physician’s role. BMC Medical Education, 20(1), 6. doi: 10.1186/s12909-019-1919-x.