Eine Schulung für Tutor*innen in der Mathematik zielt auf die in mathematischen Beweisen verwendeten heuristischen Strategien ab, auf deren Basis gute Hilfen beim Lösen mathematischer Probleme erarbeitet werden können.
Metadaten
- Lehrende: Blunck, Andrea / Hodel, Lukas
- CC-Lizenz: CC-BY (Bearbeitung erlaubt unter Namensnennung)
- Zitiervorschlag:
Blunck, Andrea / Hodel, Lukas (2020): Tutor*innenschulung in der Mathematik. Hamburg: StoryPool. URL:
Maßnahme
Für zukünftige Tutor*innen in der Mathematik wird eine mehrtägige Schulung mit dem Fokus auf heuristische Methoden und Beweisstrategien durchgeführt. Die Schulung zielt darauf ab, zukünftige Tutor*innen in die Lage zu versetzen, Studierende beim Problemlösen zu unterstützen oder im Nachhinein Erklärungen für einen Weg zum mathematischen Beweis hin geben zu können. Die Heuristiken und Beweisstrategien werden mittels Vorträgen mit Beispielen, Gruppenarbeit und häusliche Einzelarbeit mit anschließender Ergebnispräsentation behandelt.
In den Gruppenarbeitsphasen werden Materialien aus den Vorlesungen und Übungen der Linearen Algebra und Analysis der vergangenen Jahre verwendet.
Unter die behandelten heuristischen Strategien fallen:
- Materialorganisation
- Repräsentationswechsel
- Superzeichen
- Vergrößern des Suchraums
Neben den heuristischen Strategien werden auch noch allgemeine Beweisstrategien behandelt (wie Kontraposition, Widerspruch, vollständige Induktion, Fallunterscheidung, Schubfachprinzip, Extremalprinzip, Invarianzprinzip).
Beispiele für Arbeitsaufträge:
- Strategien rekonstruieren, die im vorliegenden Beweis verwendet wurden oder benötigt werden.
- Hilfen für Studierende formulieren, die an einer Stelle nicht weiterkommen, an der eine der Strategien benötigt wird.
- Eine selbst bearbeitete Übungsaufgabe auswählen und wie vorab geübt analysieren.
Verbindung zum klassischen Lehrformat:
- Vorlesung
- Seminar
- Übung
- Projekt
- Praktikum
- Prüfung
- Selbststudium
- Vorkurs
- Sonstiges
Mit dieser Maßnahme werden primär gefördert:
- Rezeptive Aktivitäten (Lesen, Anschauen, Zuhören)
- Übende Aktivitäten (Ausprobieren, Routinebildung etc.)
- Produktive Aktivitäten (Schaffung eigener Inhalte)
- Organisatorische Aktivitäten (Koordination, Vernetzung etc.)
Rolle von digitalen Medien:
- Keine nennenswerte Rolle (bspw. primär Präsenzlehre)
- Eine gewisse bzw. mäßige Rolle (bspw. hybrides Lehrformat)
- Eine zentrale Rolle (bspw. Online-Lehre)
Beziehung zur Forschung:
- Forschung fließt als Inhalt ein (Studierende können sich zu Ergebnissen und/oder Prozessen des Forschens kundig machen)
- Forschung ist das Ziel der Lehrmaßnahme (Studierende üben das Hand- und Denkwerkzeug für eigene Forschungsaktivitäten ein)
- Forschung ist der Modus der Lehrmaßnahme (Studierende werden selbst forschend tätig)
- Die Lehrmaßnahme dient dazu, die Voraussetzung für forschungsnahes Lernen zu schaffen.
- Sonstige
- Keine
Verortung im didaktischen Dreieck:
- Inhalte für die Studierenden auswählen, anordnen, darstellen, erklären, (digital) aufbereiten, interaktiv machen etc.
- Studierende methodisch darin unterstützen, sich Inhalte (allein oder in der Gruppe) anzueignen, zu verstehen, anzuwenden, weiterzuentwickeln, selbst zu generieren etc.
- Als Lehrende*r mit den Studierenden in Kontakt kommen und in Interaktion treten (Feedback, Kommunikation etc.)
- Die Lehrorganisation verändern, die für die Beziehung zwischen Inhalten, Studierenden und mir als Lehrende*r von Bedeutung ist
Grund
Für die erste Studienphase in der Mathematik existieren kaum Betreuungskonzepte, in denen die Studierenden lernen, eigenständige Beweise zu entwickeln, obwohl die Schwierigkeit vieler Studierender in diesem Bereich bekannt ist. Sowohl in der Vorlesung als auch in der Übung werden mathematische Methoden und Strategien zum Herangehen an Beweise oft nur implizit behandelt. Eine positive Erfahrung mit der Explikation von Methoden im Rahmen spezieller Tutorien für Lehramtsstudierende führte zu der Idee, solche Inhalte in Tutorien für alle Studienanfängerinnen und -anfänger zu behandeln und daher zunächst eine Schulung für Tutor:innen zu entwickeln, in der der verwendete Ansatz vermittelt wird.
Grund für die Entwicklung:
- Akutes Defizit bzw. akuter Konflikt
- Bestehendes bzw. strukturelles Problem
- Vorweggenommene Herausforderung
- Persönliches professionelles Anliegen
- Impuls aus meinem Umfeld
- Sonstiges
Kontext
Die Schulung richtet sich an zukünftige Tutor:innen der Mathematik. Zielgruppe sind alle Studierenden der verschiedenen mathematischen Studiengänge, die planen, zukünftig als Tutor:in in Tutorien oder Übungen für Mathematik-Studierende zu arbeiten. Hier nahmen Studierende aus dem 2. bis 8. Fachsemester teil.
Studierende konnten hier mit der Teilnahme einen unbenoteten Leistungspunkt im Nebenfach erwerben.
Diese Maßnahme wurde mit Mitteln des BMBF unter dem Förderkennzeichen 01PL17033 im Rahmen des Lehrlabors (Universitätskolleg, Universität Hamburg) entwickelt.
Projekttitel: "Entwicklung und Evaluation einer fachspezifischen Tutorenschulung im Fach Mathematik"
Förderzeitraum: 01.05.2018–30.04.2019
Meine Maßnahme ist entstanden und hat sich bewährt an einer:
- Universität
- Fachhochschule
- Dualen Hochschule
- Pädagogischen Hochschule
- Sonstiges
Meine Maßnahme ist in folgender Disziplin (oder mehreren) zu verorten:
- Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften
- Ingenieurwissenschaften
- Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
- Geisteswissenschaften
- Lehrerbildung
- Rechtswissenschaften
- Kunst, Design-Wissenschaften
- Medizin (inkl. Gesundheitswissenschaften)
- Interdisziplinäre Bereiche
- Sonstiges
Primäre Zielgruppe meiner Maßnahme:
- Studieninteressierte
- Studienanfänger*innen
- Fortgeschrittene Studierende im Bachelor (oder 1. Studienabschnitt)
- Studierende am Ende des Bachelorstudiums (oder 1. Studienabschnitts)
- Studierende im Masterstudium (oder 2. Studienabschnitt)
- Doktoranden oder Postdocs
Kräfte
Basierend auf in mathematischen Beweisen verwendeten heuristischen Strategien können gute Hilfen beim Lösen mathematischer Probleme formuliert werden, die zwar Hinweise darauf geben, wie sinnvoll weitergearbeitet werden kann, ohne so spezifisch zu sein, dass sie die eigentliche Lösung vorwegnehmen. Solche Strategien werden zum Herangehen an Beweise oft verwendet, ohne expliziert zu werden.
Studierende können sich nach einiger Zeit noch gut an vorab explizierte Methoden erinnern und in eigenem mathematischen Handeln rekonstruieren. Die Explikation der Methoden wird zudem als sinnstiftend wahrgenommen.
Widersprüchliche Anforderungen, die bei der Maßnahme eine Rolle spielen:
- Selbst- und Fremdorganisation
- Lernen durch Zuhören/Lesen/Zusehen und Lernen durch eigenes Tun
- Analoge und digitale Erfahrungswelten
- Individuelles und soziales Lernen
- Fachliche und überfachliche Kompetenzentwicklung
- Exemplarische und vollständige Lerninhalte
- Fachsystematische und lernsystematische Vorgehensweisen
- Sonstige
- Keine
Wirkungen
- Die Gruppendiskussionen waren sehr intensiv, insbesondere in Bezug darauf, wie ein bestimmter Beweis am besten zu führen sei.
- Die Strategien wurden vielfach im eigenen mathematischen Verhalten rekonstruiert und bewusst gemacht.
- Das Potenzial heuristischer Strategien, insbesondere Superzeichenbildung und Repräsentationswechsel, wurde von den Studierenden als relevante Konzepte zur Beschreibung mathematischer Vorgehensweisen wahrgenommen.
- Die Studierenden gaben sich mitunter mit der Identifikation der Strategien zufrieden und vernachlässigten die Formulierung von Tipps und Erklärungen, diesbezüglich sollte der Arbeitsauftrag noch angepasst werden, denkbar wäre ein "Probetutorium" als Rollenspiel.
- Manche Studierende erhofften sich konkrete Tipps für eine bessere (didaktische) Durchführung der klassischen Übungsgruppen.